Mit Jagd und Naturverjüngung resistente Wälder schaffen, die zum Klimaschutz beitragen können
„Der Wald zeigt, wie die Jagd ist.“ Mit diesen Worten stimmte Johann Praxenthaler aus Fridolfing die Wald-Besucher darauf ein, sich nicht nur die Bäume anzusehen, sondern auch den Waldboden und die Waldinnenränder neben den Wegen. Zu der Exkursion in den Wald bei Götzing hatte der Ortsverband Salzachtal von B90/Die Grünen eingeladen. Mit dabei waren Lisa Badum, die Sprecherin für Klimapolitik im Bundestag, und Wolfgang Ehrenlechner, grüner Bundestagskandidat für den hiesigen Stimmkreis Traunstein und Berchtesgadener Land.
Wie wichtig der Wald als unsere grüne Lunge sei, wie ein stabiler Wald der Zukunft heranwachsen könne und welche Rolle dabei die Jagd spielt, führte neben Praxenthaler auch Joachim Käs, der Jagdvorsteher der Jagdgenossenschaft Fridolfing, vor Augen. Durch die veränderte Kulturlandschaft mit immer weniger freiwachsenden Hecken, Gehölzinseln oder Krautsäumen konzentriere sich der Wildbestand überwiegend auf den Wald. Dies sei vor allem im Winter der Fall, wenn Felder und Wiesen kaum mehr Schutz und Deckung böten, wie Käs erläuterte. In Fridolfing gebe es 3000 Hektar jagdbare Fläche, davon seien nur 690 Hektar Wald.
Die Gäste erfuhren, wie skeptisch die Tradition der sogenannten Pflichttrophäenschau gesehen werde. Käs warb dafür, dass sich die anwesenden Damen und Herren aus der Politik doch für eine Reform dieser seiner Meinung nach unsinnigen Trophäenschau einsetzen möchten. Ein weiterer Appell an die Politik ergab sich aus den Gesprächen zum Verbissgutachten, das sich in Fridolfing allerdings zufriedenstellend entwickle. In zu vielen Wäldern, auch im Staatsforst, sei jedoch der Verbiss seit Jahrzehnten viel zu hoch, was von der Staatsverwaltung immer noch toleriert werde, so Thomas Dörnhöfer, ein Forstunternehmer aus Tittmoning. Der gesamte Wald schütze den Boden, sorge für gutes Trinkwasser und binde Kohlenstoff. Hier sehe der Unternehmer die Staatsverwaltung in der Pflicht, das Jagdgesetz endlich konsequent umzusetzen. Die Jagd sei eine Herausforderung und eine anspruchsvolle Freizeitbeschäftigung, die im Sinne des Bayerischen Jagdgesetzes den Wildbestand so regulieren müsse, dass es der Wald von sich aus schaffe, sich natürlich zu verjüngen.
Diese Naturverjüngung konnte auf mehreren Waldstücken eindrücklich betrachtet werden. Hans Praxenthaler zeigte eine Fläche, die 25 Jahre umzäunt gewesen ist. Der Unterschied zwischen „Innen ist alles und Außen ist nichts“ zeige sich laut Praxenthaler in meterhohen Laubholzsprösslingen im ehemals umzäunten Bereich und dem mageren Unterwuchs in der Nachbarschaft. Wenn die Jagd stimme, könne die Naturverjüngung ohne Zaun und Verbissschutz stattfinden. Dies wurde auf einer weiteren Fläche gezeigt, auf der zahllose Tannensämlinge aufgegangen und gewachsen waren. Praxenthaler betonte auf Nachfrage, dass es selbstverständlich auch in seinem Wald Wild gäbe, er aber über die Jagd ein ausgewogenes Verhältnis herstelle.
Angesichts des Klimawandels brauche es solche widerstandsfähigen Wälder forderte Lisa Badum. Die grüne Bundestagsabgeordnete sprach sich dafür aus, auch auf den Kahlflächen, die durch Borkenkäferschäden und Trockenheit entstünden, auf Naturverjüngung zu setzen. Diese Überzeugung teilten auch weitere anwesende Jäger und Grundeigentümer, da eine naturverjüngte Tanne zum Beispiel ein wesentlich stabileres und tiefergehendes Wurzelsystem ausbilden würde als eine zweimal unterschnittene Tanne aus der Baumschule. Als Waldbesitzer brauche man Geduld und die Klugheit, auch mal etwas stehen zu lassen, erklärte Praxenthaler. Ein Vorwald mit Zitterpappel, Eberesche, Erle, Birke sei nämlich äußert wertvoll und bereite den Boden für nachfolgende Generationen von Tannen, Buchen und Eichen, so der Vorstand des Ökologischen Jagdverbands Regionalgruppe Südost-Oberbayern.
In der Runde des Ortverbands der Grünen war man sich einig, dass in der Waldbewirtschaftung das Denken in Generationen geschult und nachhaltiges Wirtschaften gelebt werde. Diese Fähigkeiten seien wichtig, um für die notwendigen Veränderungen im Kampf gegen Klimakrise und Artensterben bereit zu stehen.
Nach dem Waldbesuch gab es auf dem Knallerhof in Güsshübel bei Kirchanschöring eine kleine Brotzeit, wo Wolfgang Ehrenlechner den Anwesenden eindringlich ans Herz legte, jetzt gegen den Klimawandel vorzugehen. „Der Wald ist hier unser Verbündeter“, so der Bundestagskandidat aus Teisendorf. Gisela Sengl, Landtagsabgeordnete und Sprecherin für Landwirtschaft und Ernährung der Grünen Fraktion im Bayerischen Landtag, sprach unter anderem die häufigen Konflikte zwischen Jägern und Grundeigentümern an sowie den notwendigen Waldumbau für einen Wald der Zukunft. Dieser dürfe nicht mehr nur unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit gesehen werden. Wirtschaftlichkeit sei wichtig, betonte Sengl, könne aber nicht das einzige Ziel sein in Zeiten des Klimawandels.
Lisa Badum erinnerte die Zuhörer an das Urteil des Bundesverfassungsgerichts, das besagt, dass Klimaschutz als Freiheitsrecht gilt. Sie warte darauf, dass endlich diejenigen, die das Klima schützen, belohnt würden. Für den Klimaschutz brauche es Wälder und Moore als Kohlenstoffsenken. Sie gab zu bedenken, ob es wirklich nötig sei, Flächen, auf denen der Borkenkäfer gewütet hat, zu räumen. Sie sprach sich dafür aus, dieses Vorgehen zu überdenken und der Natur mehr zu vertrauen.
Klar befürwortet Lisa Badum einen dritten Nationalpark in Bayern. Sie kämpfe für einen Nationalpark Steigerwald, um die alten Buchenbestände, die es dort noch gibt, zu schützen. Dabei wisse sie einen Großteil der Bevölkerung hinter sich. Gerade die Staatswälder seien öffentliche Wälder und gehörten somit uns allen. Insofern seien es die Bayerischen Staatsforsten, die für den Wald der Zukunft mit gutem Beispiel vorangehen sollten.