Bundestagskandidat Wolfgang Ehrenlechner und Architekt Fred Meier als Gastredner bei „Klimaschutz beginnt bei dir“
Klimaschutz geht uns alle an, jeder einzelne kann etwas dafür tun. Viele müssen sich dieser Tatsache allerdings erst noch bewusst werden. Eine der Möglichkeiten, wo man ansetzen kann, ist der große Bereich Bauen und Wohnen. Dieser stand im Fokus der Veranstaltung „Klimaschutz beginnt bei dir“, zu der der Freilassinger Ortsverband der Grünen/Bürgerliste in den Außenbereich des Badylon eingeladen hatte. Ortssprecherin Uli Schweiger sagte, sie freue sich sehr, nicht nur Bundestagsdirektkandidat Wolfgang Ehrenlechner trotz seines vollen Terminkalenders begrüßen zu können, sondern auch den Architekten Fred Meier, der vor zehn Jahren mit Bernhard Putzhammer die Freilassinger Mittelschule auf Passivhausniveau umgebaut hat.
Der Direktkandidat hielt ein engagiertes Plädoyer dafür, dass sich jeder einzelne für Klimaschutz einsetzen solle, dass es aber auch sehr wichtig sei, dass die Grünen in die Regierung kämen, um dort aktiven Klimaschutz zu betreiben. „Wir haben einen Plan und wollen die notwendigen Maßnahmen, mit denen wir bis 2040 klimaneutral werden, auch umsetzen“, so der Teisendorfer. Dabei gelte es, den Industriestandort Deutschland für die Zukunft zu sichern. Eine bedeutende Rolle nehme laut Ehrenlechner das Thema „wie bauen wir und welche Ressourcen verwenden wir“ ein. Sollen die Pariser Klimaziele erreicht werden, muss nämlich auch der Bausektor seine Emissionen in den kommenden Jahrzehnten auf Null senken. Denn die Art, wie wir Gebäude errichten und nutzen, mache rund ein Viertel der Treibhausgasemissionen aus, wie Ehrenlechner betonte.
Dass es auch anders gehe, würden die Bauten des eingeladenen Architekten zeigen, so der Bundestagskandidat, der damit das Wort an Fred Meier übergab. Dieser ließ die Geschichte sowie die Generalsanierung von St. Rupert, einem Leuchtturmprojekt für Freilassing, knapp, dabei aber sehr präzise Revue passieren. Die Schule wurde von 1972 bis 1974 als Stahlbetonbau mit Sichtbetonfassade erbaut. „Das war ein Betonbunker, in dem die Schüler im Sommer ,gebraten‘ wurden und wo sie im Winter gefroren habe. Und das bei einem riesigen Energieverbrauch“, so der Architekt. Wegen gravierender Baumängel und dem sehr hohem Energieverbrauch wurde 2007 eine Machbarkeitsstudie durchgeführt, die die Wirtschaftlichkeit einer Sanierung gegenüber einem Neubau nachwies. 2009 erhielten er und Bernhard Putzhammer den Auftrag für die Sanierung. Die Variante „Passivhaus“ war die wirtschaftlichste, weil die Stadt eine Förderung aus dem Bund-Länder-Investitionspakt bekam. Der Umbau, der von 2010 bis 2011 stattfand, dauerte nur 13 Monate, wobei „nur“ relativ sei, denn in dieser Zeit sei er um 13 Jahre gealtert, so Meier.
Doch die Generalsanierung, durch die auch das Platzangebot für Schüler und Lehrer enorm erweitert wurde, habe sich gelohnt, wie der Architekt betonte. Dank neuer Gebäudehülle, neuem Innenausbau, einer Photovoltaikanlage auf dem geneigten und gedämmten Dach, einer zentralen Lüftungsanlage, dem Anschluss an den kommunalen Energieverbund und vielen Maßnahmen mehr habe sich der Energieverbrauch stark reduziert. „Jetzt haben wir nur mehr neun Prozent des jährlichen Heizwärmebedarfs im Vergleich zu früher“, so Meier. Beim bundesweiten Wettbewerb „Kommunaler Klimaschutz“ wurde Freilassing 2012 für das vorbildliche Projekt ausgezeichnet. Das Preisgeld in Höhe von 40 000 € wanderte dann gleich in das nächste Projekt, die Kinderkrippe beim Rathaus, ließ der Architekt die interessierte Gruppe zum Ende seiner fundierten Ausführungen wissen.
Bei der anschließenden, von Wolfgang Ehrenlechner moderierten Fragerunde wurde sehr angeregt diskutiert. Die Sprache kam unter anderem auf die besonderen Herausforderungen bei einer energetischen Sanierung. Meier sagte, dass die beteiligten Handwerker und Firmen mitziehen müssten, ebenso die Industrie. Dies stelle aber oft ein Problem dar. Kreisrätin Elisabeth Hagenauer wollte wissen, ob die Mittelschule Luftreinigungsgeräte brauche. Dies verneinte Meier mit dem Hinweis, dass die Lüftungsanlage die verbrauchte Luft gegen Frischluft austausche und sehr gute Filter habe.
Auch die Frage nach den unterschiedlichen Baumaterialen wurde angesprochen, einer der Teilnehmer stellte die Verwendung von Stahlbeton generell in Frage. Meier machte deutlich, dass Beton keine große Zukunft mehr habe, weil seine Herstellung ungemein viel Energie verbrauche. Außerdem seien Kies und Sand nicht unendlich verfügbar. Es gebe kreative Ideen für andere Baustoffe, wobei es jedoch laut Meier „kein Interesse gebe, vom Beton wegzukommen“. Auch über die Vorbildwirkung kommunaler Projekte und über Förderprogramme wurde diskutiert, die, so der Architekt, für Privatleute oft zu kompliziert seien. Hier wünsche er sich klarere und ambitioniertere Vorgaben seitens der Politik sowohl für die Kommunen als auch für private Bauherren. Ehrenlechner merkte an, dass gezielte Fördergelder, etwa im Hinblick auf Altbausanierung, ebenfalls dazu beitragen könnten, die Klimawende sozialgerecht zu gestalten. Auch das von den Grünen angestrebte Energiegeld als Kompensation für den CO2-Preis gehe in die richtige Richtung und trage dazu bei, dass sich die Bürgerinnen und Bürger die Energiewende leisten können.
Am Schluss der engagierten Diskussion waren sich alle Teilnehmer einig, dass schnellstens gehandelt werden muss. Außerdem müsse man es schaffen, dass die Bevölkerung mitgeht und erkennt, dass es auf jeden einzelnen ankomme. Daher, so Fred Meier, gefalle ihm der schöne Satz „Klimaschutz beginnt bei Dir“ auch so gut, denn „der bringt die komplexe Thematik auf den Punkt.“