Grüne und Vertreter der Landwirtschaft diskutieren in Altersham
Eine lange Liste mit wichtigen Themen, darunter auch brisante Punkte, kam auf den Tisch, als der heimische Bundestagskandidat der Grünen Wolfgang Ehrenlechner mit Vertretern der Landwirtschaft diskutierte. Das Treffen auf dem Aicherhof in Altersham bei Pittenhart hatte der Traunsteiner Kreisverband des Bayerischen Bauernverbandes (BBV) organisiert. Das Fazit der engagiert geführten Gesprächsrunde: Ein offener Austausch ist nicht nur möglich, sondern sehr wichtig, um Schnittmengen und Lösungsansätze für anstehende Probleme aufzuzeigen.
Als Gastgeber fungierte die Familie Vodermaier, die den stattlichen Aicherhof seit mehreren Generationen bewirtschaftet. Der Hof liegt auf einer kleinen Anhöhe, von der man einen herrlichen Blick auf den Chiemsee hat. Die Hauptstandbeine sind Milchviehhaltung und der Betrieb einer Biogasanlage. Ortsbäuerin Christa Vodermaier, die die Runde herzlich begrüßte, übergab das Wort sogleich an Sohn Andreas, der seit Juli Betriebsleiter ist. Dieser lud die Besuchergruppe zu einem kleinen Rundgang ein. Zum Hof gehören 40 Hektar Grünland und 80 Hektar Ackerfläche, im Stall stehen neunzig Milchkühe mit ihrer Nachzucht. Den Tieren steht ein Melkroboter zur Verfügung. Mit seiner 2009 gebauten Biogasanlage, die mit Gülle, Mais und Zwischenfrüchten betrieben wird, versorgt Vodermaier nicht nur den Hof mit Energie, sondern auch die umliegenden acht Häuser. Dass man am Hof zukunftsorientiert denkt, zeigt sich auch daran, dass Lehrlinge ausgebildet werden.
Ehrenlechner betont, dass es eine hohe Wertschätzung für landwirtschaftliche Produkte brauche
Nach der Hofbesichtigung machten sich die Teilnehmer, darunter viele Mitglieder des Traunsteiner Kreisvorstands des BBV, an die Diskussion. Moderiert wurde die Runde von Matthäus Michlbauer, dem Geschäftsführer des BBV. Zuerst erhielt Bundestagskandidat Wolfgang Ehrenlechner das Wort, der in Teisendorf zu Hause ist und als Geschäftsführer beim Bund der Deutschen Katholischen Jugend (BDKJ) arbeitet. Er stellte wichtige Punkte aus dem grünen Wahlprogramm vor und betonte, dass es eine höhere Wertschätzung für landwirtschaftliche Produkte brauche, die sich auch in den Preisen niederschlagen müsse. Außerdem gelte es, auf das gemeinsame Ziel hinzuarbeiten, nämlich bäuerliche Familienstrukturen zu erhalten und zu stärken, da sie nicht nur für die Lebensmittelversorgung, sondern auch für die sozialen Strukturen eines Dorfes enorm wichtig seien. Das Streben nach immer mehr Wachstum müsse aufhören, ebenso gelte es, das 1,5 Grad Klimaziel zu erreichen, zu dem auch die Landwirtschaft einen positiven Beitrag leisten könne. „Politik und Landwirtschaft sollen gemeinsam arbeiten und nicht in ideologischen Schützengräben verharren“, so der hiesige Direktkandidat der Grünen.
Dass es derlei „Gräben“ genügend gibt, zeigte sich anhand etlicher Wortmeldungen. „Wie halten es denn die Grünen mit Grund und Boden, drohen uns Enteignungen?“ wollte Kreisvorstandsmitglied Peter Ober wissen. Ehrenlechner entgegnete, dass es überhaupt keine Bestrebungen gebe, Landwirte zu enteignen. Es gehe darum, die gigantischen Bodenpreissteigerungen in den Großstädten zu regulieren. Nächstes Aufregerthema: das Verbandsklagerecht für Tierschutzorganisationen. „Ich fühle mich als Landwirt von Tierschutzorganisationen bedroht“, so Ober. Ehrenlechner sagte, dass illegale Aktionen freilich nicht zu unterstützen seien, dass Rechtsverstöße gegen Tierwohl allerdings sehr wohl zu ahnden seien.
Grüne wollen sowohl Weidehaltung, als auch den Wolf!
Für reichlich Gesprächsstoff sorgte das Thema „Wolf“. Vorstandsmitglied Tobias Heiß hielt mit seiner Meinung nicht hinter dem Berg: „Der Wolf hat hier, in unserem dicht besiedelten Gebiet nichts zu suchen. Was bringt der?“. Ehrenlechner erklärte ruhig die Fakten, etwa dass der Wolf sehr wohl etwas bringe, weil er eine ökologische Funktion im Wald einnehme. Außerdem sei gesetzlich erlaubt, Problemwölfe zu entnehmen. Regina Reiter, Kreissprecherin der Traunsteiner Grünen, ergänzte, dass die Grünen sowohl Weidehaltung als auch den Wolf möchten und dass es klar sei, dass der daraus resultierende Konflikt nicht auf die Schnelle zu lösen sei. Es brauche ein Aushandeln und ein Zusammenbringen der verschiedenen Interessenslagen, so die Grünen.
Zu den Punkten „Lebensmitteleinzelhandel“ (LEH) und Kennzeichnungspflicht von verarbeiteten Produkten fand Traunsteins Kreisobmann Sebastian Siglreithmayer eindeutige Worte: „Der LEH fährt Schlitten mit uns Landwirten, vier Ketten bestimmen den Preis. Wie können wir da vorgehen?“. Wolfgang Ehrenlechner spielte den Ball in Richtung Bauernverband weiter und fragte: „Wie kann der Bauernverband die Preise besser steuern?“ Matthäus Michlbauer blieb die Antwort nicht schuldig und sagte wiederum, dass der Verband dies alleine nicht leisten könne, sondern dass hier die Politik in der Pflicht sei.
Die Nachfrage von Bioprodukten muss mehr angekurbelt werden
Nun kam die Sprache auf den Ökolandbau. Einer der Teilnehmer wollte von Ehrenlechner wissen, ob konventionelle Landwirte denn noch eine Daseinsberechtigung hätten. Dieser meinte, dass er zwar ein Fan von regionaler ökologischer Landwirtschaft sei, aber dass jeder Bauer selbst entscheiden könne, was für ihn das Sinnvollste sei. Der Teisendorfer ergänzte, dass die Nachfrage nach Bioprodukten mehr angekurbelt werden müsse, eine wichtige Stellschraube sei die Verpflegung der staatlichen Einrichtungen mit Bioware. Mehrere Landwirte bekundeten, dass sie für alles offen seien. Wenn Bio lukrativer werden würde, so die Meinung, würden noch viel mehr Bauern umstellen.
Während der Diskussion wurden noch etliche wichtige Punkt mehr angesprochen wie Nitratwerte im Grundwasser, Fleischkonsum, Sicherung der Ernährung, Tierwohl, Flächenstilllegung im Wald, Gewässerrandstreifen sowie Erbschaftssteuer und Hofnachfolge. Beim Thema Steuer waren sich Grüne und die Vertreter der Landwirtschaft einig, dass die Freibeträge für Bauern angehoben werden müssen, damit es bei einer Hofübergabe zu keinen Problemen komme.
Am Ende der angeregten Diskussion bedankten sich Grüne und BBV bei der Familie Vodermaier für die gute Bewirtung. Kreisobmann Siglreithmayer richtete einen besonderen Dank an den Bundestagskandidaten, dass er sich die Sorgen und Nöte der Bauern angehört habe. Als Lektüre bekam Wolfgang Ehrenlechner noch den „10-Punkte-Katalog der bayerischen Land- und Forstwirtschaft zu den Bundestagswahlen 2021“ mit auf den Weg.
Fotos © Karin Kleinert